Gewand aus Blech

Gewand aus Blech

Bläserkonzert

„Gewand aus Blech“ ist das Konzert überschrieben – „Wenn Blech zu Gold wird“ könnte man es auch nennen. Denn die elf Musiker, die sich hier zu einem Blechbläserensemble vereinen, sind allesamt Meister ihres Faches. Da lohnt es sich, einmal hinter die Kulissen und in die Historie des „Brass“ (wie derlei Musik international be-zeichnet wird) zu schauen: Zu den Blechblasinstrumenten des modernen Orchesters rechnet man Trompeten, Waldhörner, Posaunen und Tuben einschließlich ihrer Verwandten. Ihrer musikalischen und fertigungstechnischen Herkunft nach sind sie viel-fältiges Widerspiel und facettenreiche Ergänzung zu den Holzbläsern. Treten diese in eigenen Formationen auf, spricht man seit Jahrhunderten von Harmoniemusik, bewährt vor allem im 18. Jahrhundert. Schließen sich Trompeter und ihre Kollegen zu-sammen, nennen sich diese Ensembles etwas salopp „Blechmusik“. Deren Einsatz war stets eng mit gesellschaftlichen Traditionen verbunden – als Signalmusik etwa im Trompetenkorps der Kavallerie. In der Natur agieren die Waldhornistenkorps der Jä-gerschaften. Den Kirchen vorbehalten sind die Posaunenchöre, wobei in diesen heu-te durchaus auch Trompeter zu finden sind. Zur Präsenz von Brass-Ensembles im Konzertwesen sorgten neben originalen Wer-ken auch Bearbeitungen bekannter Werke: Als Beispiel hierfür darf im aktuellen Programm die Toccata und Fuge d-Moll BWV 565 gelten, die den erstaunlichen Ruhm besitzt, einerseits das bekannteste Werk von Johann Sebastian Bach (1685-1750) zu sein und andererseits gar nicht aus dessen Feder zu stammen. Die Bearbeitungspraxis ist übrigens völlig rechtens, denn viele Verfasser machten in ihren Werken gar keine Angaben zur Besetzung. Besonders gilt das für Werke wie die „Canzone primi toni a 8“ von Giovanni Gabrieli (1553-1612): Dessen für die Markuskirche in Venedig komponierten Canzoni übertragen die dank der dortigen perfekten Akustik kom-plexe venezianische Mehrchörigkeit in die Instrumentalmusik. Dass Gabrielis Werke mit Blechbläsern aufgeführt werden, ist heute Tradition und historisch nachvollziehbar. Andere Musiken seiner Zeitgenossen sind jedoch in unzähligen Kombinations-möglichkeiten aufführbar: Denn es ist es den Ausführenden freigestellt, ob sie das Wort „Chor“ im heutigen Sinne als Sänger-Gemeinschaft verstehen oder eben als vierstimmiges Blechbläserensemble. Im 17. Jahrhundert nämlich bezeichnete man jede Gruppe von mehrstimmig Musizierenden als „Chor“.

Hagen Kunze

Daten

Gehöft Nr. 38
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